In diesem Blog versuche ich herauszuarbeiten, warum Coaching hilfreich ist, um Menschen in Veränderungsprozessen zu begleiten. Schauen wir uns dafür zunächst eine Definition aus den Leitlinien des DBVC zum Thema „Coaching als Profession“ an: „Mit speziellen Methoden der Selbst- und Situationsklärung, der Potenzialanalyse, der Veränderungsbegleitung und Umsetzungsreflexion begleitet der Coach seinen Klienten auf dem Weg zu neuen Entwicklungsleistungen, wie z. B. die Bewältigung von beruflichen oder persönlichen Schwellensituationen.“
Hört sich ja soweit erstmal ganz passend an. Aber wieso eignet sich Coaching jetzt besser zur Begleitung von Transformationsprozessen als z.B. Beratung?
Coaching unterscheidet sich von der (Experten-)Beratung vor allen Dingen dadurch, dass man dem Coachee keine Lösungen vorgibt. Als Coach nehme ich – genau wie im Graves Value System – eine konstruktivistische Haltung ein, in der ich anerkenne, dass Wahrheit ein subjektives Konstrukt ist. Der Coachee (also derjenige, der gecoacht wird) ist der Experte für seine eigenen Probleme – er kennt sich ja in seiner Wahrheit und in seinem System am besten aus. Für den Coach ist es also hilfreich, nicht zu werten (was immer subjektiv geprägt ist), sondern anstatt dessen lieber neugierig einen Einblick in das System des Kunden zu gewinnen und zu versuchen, dessen Blick auf die Welt zu verstehen.
Eine Aufgabe des Coaches als Prozessberater ist es dann, dem Kunden Sehhilfen anzubieten. Das bedeutet, der Coach ermöglicht dem Kunden alternative Blickwinkel auf sein Problem. Hierzu bildet der Coach, im Rahmen der Erforschung der Wirklichkeitskonstruktion, Hypothesen (Annahmen), die er dann in Form von Interventionen überprüft. Wichtig ist hierbei, dass die Bedeutungsgebung immer beim Kunden liegt – er definiert, was sinnvoll und hilfreich ist. Eine gelungene Intervention zeichnet sich meist dadurch aus, dass der Coach erkennt, dass der Kunde ins Nachdenken gerät und sich mit dem angebotenen Blickwinkel auseinandersetzt.
Dass der Coachee arbeitet und basierend auf den Denkanstößen eigene Lösungen für sein Problem findet, erhöht zudem automatisch das Commitment für den Lösungsvorschlag.
Eine weitere zentrale Zielsetzung im Coaching ist es, die Resilienz des Coachees zu stärken. Im Coaching agiert man deshalb hauptsächlich ressourcen- und lösungsorientiert. Lösungsorientiert bedeutet, dass man sich nicht über die Maßen intensiv mit dem Problem auseinandersetzt, sondern anstatt dessen versucht herauszuarbeiten, wie es denn sein müsste, damit der Coachee sich besser fühlt. Der Fokus wird also auf den Zielzustand gelegt und nicht auf das Problem. Ressourcenorientierung zeichnet sich dadurch aus, dass der Coach versucht herauszuarbeiten, welche Ressourcen in der Vergangenheit dazu beigetragen haben, dass der Coachee andere Hindernisse oder ähnliche Situationen überwunden hat. Beides trägt dazu bei, das Selbstwertgefühl des Coachees zu stärken, was ihn offener und handlungsfähiger werden lässt.
Dies ist elementar für Veränderungsprozesse, denn Veränderung findet immer nur im positiv besetzten Raum statt.
Wenn das Momentum für Veränderung erreicht ist, forciert der Coach einen Weg der kleinen Schritte. Kleine Schritte deshalb, um ohne zu viel Stress möglichst schnell Erfolge zu sehen und dadurch die Motivation beizubehalten, den Weg weiterzugehen (das wäre übrigens auch für die Einführung von neuen Arbeitsweisen eine charmante Herangehensweise). Wenn man sich zu viel auf einmal vornimmt, wird man es langfristig nicht schaffen, einen Veränderungsprozess durchzuhalten. Der Coach als Prozessberater unterstützt den Kunden während des Weges dabei dranzubleiben, indem er ihn immer wieder bestärkt und versucht, den Blick auf die Erfolge zu lenken.
„Nun gut“, höre ich Sie sagen, „dann ist ja alles klar: Wir müssen die Menschen also einfach nur gecoacht werden lassen, und schon klappt es mit der schönen, neuen Arbeitswelt“. Prinzipiell stimme ich Ihnen hierbei vollkommen zu. Coaching ist dafür prädestiniert, um Menschen in Veränderungsprozessen auf dem Weg hin zu neuen Arbeitsweisen zu begleiten. Nur leider ist es nicht ganz so einfach. Es gibt folgende Probleme:
Wenn ein Mensch sich nicht verändern will, weil er zum Beispiel die Notwendigkeit hierzu nicht erkennt, wird er sich auch nicht verändern. Zwangsveränderung ist verrückterweise auch im Coaching nicht möglich.
Und auch wenn die Coaching-Branche gerade boomt: Es gibt viel zu wenige, gut ausgebildete Coaches (eine Ausbildung zum Systemischen Business Coach dauert 1,5 Jahre), um alle von den neuen Arbeitswelten betroffenen Menschen professionell coachen zu lassen. Außerdem ist so ein Coaching-Prozess auch zeit- und vor allen Dingen kostenintensiv. Coaching im Business-Kontext wird deshalb bisher fast ausschließlich an Führungskräfte adressiert.
Aber auch wenn es keine einfach Lösung gibt: Mehr Coaching für alle wäre hilfreich.